Teil 5 – Besuch des Teegartens in Mahei und einer Teefabrik in Yiwu
Heute steht eine längere, abenteuerliche Bergwanderung zu den alten Teebäumen von Tong Quing He auf dem Programm. Wir fahren mit dem Bus auf einer Straße, die auf keiner offiziellen Landkarte eingezeichnet ist, denn es handelt sich um eine „geheime“ Route, die bis vor kurzem vom Militär genutzt wurde. Außerdem liegt sie in einem neu anerkannten Naturschutzgebiet. An einer Brücke sind wir mit einem Teebauern verabredet, aber leider trifft vor ihm eine Gruppe von militärischen Rangern ein, die uns die Wanderung nicht erlaubt. Es gelten hier immer noch Regeln, die wir nicht unbedingt verstehen, aber definitiv sind wir heute mit unserer Gruppe nicht willkommen. Eine so große Gruppe westlicher Langnasen, die derart tief in einen Nationalpark eindringen will, ist unerwünscht. Obwohl Yu und sein befreundeter Teebauer alles an Überredungskünsten versuchen, bleibt es bei dieser Entscheidung.
Hier sollte unser Abenteuer mit idyllischer Wanderung und knietiefer Flussüberquerung zu den besonders schönen Gushuwäldern von Tong Quing He beginnen.
Der symphatische Teebauer wollte uns als Guide begleiten.
Auf dem Schild steht, daß man sich ruhig verhalten soll, wenn Elefanten im Wald auftauchen sollten. Hier gibt es tatsächlich noch die letzten frei lebenden Exemplare. Natürlich wollten wir unbedingt welche treffen.
Zunächst fahren wir zum Teebauern nach Hause und trinken dort Tee aus seinem Garten. Heute bereitet unser Teefreund Jiri den Tee zu. Es ist Tee aus Tong Quing He, wo wir ursprünglich hinwandern wollten. Er hat eine angenehme Süße und ist gleichzeitig auch voll und fruchtig. Der Aufguss ist leicht und hell und unsere Stimmung wird langsam wieder besser. Während wir Tee trinken planen Yu und Menglin den Tag um und wir fahren zum Teegarten nach Mahei und die geplante Wanderung wird endgültig abgesagt. Wir stehen wohl unter polizeilicher Beobachtung und fügen uns besser, um Konflikte zu vermeiden.
Jiri bereitet Tee aus Tong Quing He zu.
Der Aufguss vom "Tong Quing He" hat eine leuchtende, goldgelbe Farbe.
In Mahei gibt es zwischen wilden Teebäumen ein gemeinsames Picknick mit leckeren Reisgerichten. Danach zeigt uns Yu, dass in diesem Garten viele alte Bäume vor 70-80 Jahren geköpft wurden. Die damalige Regierung wollte andere Lebensmittel wie beispielsweise Mais und Bananen anbauen, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren. Jetzt haben sich die Bäume aber schon recht gut erholt.
Auf dem Weg zum Teegarten in Mahei genießen wir diesen traumhaften Ausblick über die Berge.
Der Garten hat wunderschön kräftige, alte Gushuteebäume mit üppigem Bewuchs zahlreicher anderer Pflanzen wie Moose, Flechten, Farne und auch Orchideen.
Die urigen Bäume wachsen in ursprünglicher, natürlicher Umgebung. Es gibt keinerlei Chemikalien. Die Natur lebt hier im harmonischer Balance, alles darf hier wachsen und rumwschirren, wie es beliebt.
Yu erklärt uns an welcher Stelle und warum diese Bäume urprünglich geköpft worden waren.
An diesem Beispiel kann man gut erkennen, daß aufgrund der historischen Köpfung die Verastung quasi kurz über dem Boden stattfindet, es also in solchen Gushugärten nur sehr kurze Baumstämme gibt.
Yu zeigt uns mit einem Messgerät, wie er den ph Wert des Bodens bestimmt. Nachdem Yu etwas den Boden befeuchtet hatte, konnten wir den ph Wert von 5,2 messen. Hier auf dem Foto war der Boden noch trocken. Ein Wert von 5-5,5 ist gut für den Geschmack des Tees.
Yu zeigt uns ein riesiges, wunderschönes Teeblatt vom alten Gushubaum.
An diesem Baum gibt es besonders viele Teesamen.
Yu mit der fröhlichen Teebäuerin, die auch diesen Garten besitzt.
Nachdem wir noch alleine durch den Gushuwald gestreift sind, geht es wieder zum gemeinsamen Teatasting bei der Teebäuerin dieses Gartens.
Heute gießt unser Freund Helmut aus Köln den Tee auf. Der erste Mao Cha, den wir heute trinken, begeistert uns nicht. Wir sind allerdings durch die letzten Tage sehr verwöhnt.
Der zweite Tee ist ein Huang Pian (=gelbes Blatt). Das sind die Blätter, die nach der Ernte aussortiert werden. Durch die Sortierung entstehen die unterschiedlichen Qualitäten wie Mao Cha (two leaves and a bud) und eben Huang Pian (gelbliche Blätter), der auch als B Qualität bezeichnet wird.
Der Tee in unseren Tassen heute hat ein wenig Süße, aber deutlich weniger Tiefe und Intensität, als ein Mao Cha. Die Veränderung in den verschiedenen Aufgüssen ist auch nicht so groß. Yu und Jiri erklären uns, daß der Tee durch Lagerung durchaus interessanter und besser wird. Es kommen dann häufig Pflaumen– und Dattelnoten im Geschmacksbild dazu. Das Trinken von Huang Pian kann sehr wohl ein Genuss sein und besonders abends ist eine gute Zeit für diesen Tee, denn er hat auch weniger Koffein.
Nachdem Picknick im Gushugarten, freuen wir uns auf einen erfrischenden Tee.
Unser Teefreund Helmut aus Köln gießt heute den Tee für die ganze Gruppe auf.
Yu demonstriert wie man den Gaiwan fachgerecht hält ohne sich die Finger zu verbrennen.
Der Tee wird zum Trocknen unter freiem Himmel ausgelegt. Vor Regen geschützte Blätter die unter Folie trocknen, ergeben keinen guter Tee.
Straßenimpression aus Yiwu Stadt.
Nach der Teepause geht es in eine kleine Pu Erh Fabrik nach Yiwu. Dort können wir den gesamten Prozess der Fladenproduktion bestaunen. Erst wird der Tee genau abgewogen, damit alle Fladen von einer Charge möglichst gleich groß werden. Über heißem Wasserdampf werden die Blätter bedämpft, damit sie geschmeidiger und formbar werden, um beim Pressen nicht zu brechen und um besser nachzureifen.
Der Tee wird für die einzelnen Portionen abgewogen, bevor er gedämpft wird.
In einem Stoffsack wird der gedämpfte Tee anschließend mit der Hand vorgeformt und der Knoten wird in die Mitte gedrückt, deshalb gibt es später in der Mitte die typische muldenförmige Aushöhlung. Das pralle Paket kommt dann zur Pressung unter einen schweren Stein.
Dann beginnt der „Pu Erh Tanz“. Die Fladen werden unter einen speziellen Stein gelegt und anschließend wird mit viel sanftem Rhythmus auf den Steinen schaukelnd „getanzt“. Es gibt keine festgelegte Zeit. Die gutgelaunten Arbeiter machen es nach Gefühl. Nach einer Abkühlphase werden die Fladen im Trocknungsraum bei ca. 30 Grad Celsius und 50% Luftfeuchtigkeit schonend getrocknet.
Der Stein zum Fladenpressen wiegt ganz schön viel.
Auch hier in der Teefabrik wachsen üppige, farbenfrohe Orchideen.
Nach dem Pressen kommen die Fladen zum Trocknen in dieses Holzgestell und werden anschließend vom Stoffsack befreit.
Hier kann man gut die eingepressten Zettel erkennen (chin.= Nei Fei) worauf die Herkunft verzeichnet wird.
Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Trocknungsraum.
Der fertige Fladen bekommt noch eine zusätzliche Herkunftsbezeichnung in Form eines weiteren Zettels bevor er komplett in stilvolles, handgeschöpftes Papier eingewickelt wird.
Abschließend werden fünf Fladen in einem Stapel verschnürt. Früher waren es häufiger sieben Fladen, aber aufgrund der gestiegenen Preise sind es inzwischen meistens nur noch fünf.
Dafür werden getrocknete Bambusrinden verwendet.
Schöne von Hand eingebrannte Siegel runden die kleinen Kunstwerke ab.
Der Jahrgang wird am Ende in roter Farbe aufgestempelt.
Zum Abschluss schenkt uns der Fabrikbesitzer hübsch eingepackte Sheng Kugeln von Gushu Bäumen, die auch Drachenperlen genannt werden.
Auch diese kleinen Kugeln wurden aus gedämpften Teeblättern gepresst.
Ein weiteres Teatasting im Verkostungsraum der Fabrik steht auf dem Programm. Wir trinken einen Tee aus Manzhuan und machen einen interessanten Vergleich. Bei dem ersten und zweiten Aufguss kommt das Wasser aus einer Gusseisenkanne und der Tee ist sehr weich, süß mit zarten Fruchtnoten. Beim 3. & 4. Aufguss wird Wasser aus dem Edelstahlkocher verwendet. Jetzt schmeckt man deutlich mehr Tannine und der Tee wird dadurch herber (nicht unbedingt schlechter). Beim 5. & 6. Aufguss kommt das Wasser wieder aus der Gusseisenkanne und der Geschmack ist erneut weicher und runder. Es ist sehr beindruckend, wie groß der Einfluss des Wassergefäßes auf den Geschmack des Tees sein kann.
Wir machen einen spannenden Vergleich dieser beiden Wasserkannen. Gusseisen versus Edelstahl.
Wir sind alle schon ganz gespannt inwiefern sich der Geschmack beeinflussen lässt.
Der erste Tee stammt aus Manzhuan. Wir trinken fast ausschließlich Mao Cha (loser Rohtee) aus der aktuellen Ernte.
Als zweiter Tee kommt ein Mansong in unsere Tassen. Ein vollmundiger Tee mit eleganter Leichtigkeit und runder Süße. Von diesem kleinblättrigem Tee gibt es nur ein einziges Kilo. Die Teewälder von Mansong sind staatlich, aber gewisse Bauern dürfen dort pflücken gehen.
Yu gießt ganz lässig in Stereo auf.
Im Anschluss geht Geli mit einer Gruppe noch in die Altstadt von Yiwu. Ich mache eine kleine Pause im Hotel, etwas Yoga und schreibe Tagebuch. Wir erleben hier so viel, daß kaum genug Zeit bleibt alles zu verarbeiten bzw. aufzuschreiben ... .
Dieser historische Weg führt in die Altstadt von Yiwu Stadt.
Auch zunächst Verwahrlostes kann Schönheit ausstrahlen wie hier das Hausdach mit natürlich angesiedeltem Bewuchs.
Hühner dürfen überall frei herumlaufen und fühlen sich hier in der Altdadt von Yiwu sehr wohl.
Dieser Steinweg ist ein Teil der berühmten Tee-Pferde-Straße die von hier mit Karawanen über den Himalaya nach Tibet führte.
In dieser historischen Straße sitzt eine Dame und stellt Schuhe her.
Das alte kaiserliche Teehaus am Beginn der berühmten Teeroute.
Das Museum und im Hintergrund eine Schule.
Im Museum hängen Bilder der Karawanen der Tee-Pferde-Straße.
Auf diesen Gestellen aus Holz wurde der Tee an die Pferde und Maulesel geschnürt die den Tee über den Handelsweg bis nach Tibet und Indien transportierten.
Symbole für die sechs berühmten Teeberge "rechts vom Fluss" (Mekong).
Menglin übersetzt die sechs Teeberge für uns in westlich lesbare Schrift.
Im nächsten Teil 6 von 8 besuchen wir Yibang.
Sehr schöner Bericht
Ich bin begeistert, viele schöne aussagekräftige Bilder, der kurze begleitende Text ist interssant und lebendig geschrieben. Ich könnte gern immer weiterlesen, einen passenden Tee dazu trinken und mich fast selbst auf den Weg begeben. Bin schon gespannt auf den nächsten Teil.