Teil 4 – Teeproduktion in Gao Shan
Heute geht es für uns in die Region Yiwu. Yiwu gehört zu den sechs weltberühmten Teebergen und ist der Größte und Populärste. Nach 4 abenteuerlichen Stunden Busfahrt erreichen wir das Dorf Gao Shan (chin.=hoher Berg). Wir vertreten uns erstmal die Beine und gehen zum Teegarten, der auf der anderen Seite des Tals liegt.
Der älteste Baum ist hier ca. 300 Jahre alt und zur Erntezeit prächtig geschmückt. Das Schmücken des Baums hat religiöse Hintergründe. Vor der Erntezeit werden überall in Yunnan "Teebaumseelen-Rückruf-Zeremonien" abgehalten. Eine Art Ertedankfest um dem Bezirksgott und den Teebäumen zu danken, daß man die Blätter ernten darf.
Hier am Anfang des Gartens gibt es einige schöne, alte Bäume, aber auch viele die vor ca. 100 Jahren stark zurück geschnitten (geköpft ) wurden. Heute sind sie wieder sehr kraftvoll und gesund. Auch dieser Garten ist wunderschön und wieder in einer intakten, natürlichen Umgebung gelegen. Der Teewald hier ist riesig groß, nach einer Stunde Fußmarsch würde man ausschließlich ungeköpfte Gushu Teebäume vorfinden.
Der freundliche Herr Hu empfängt uns in Gao Shan und zeigt uns den alten Teegarten.
Der Garten von Herrn Zhou liegt am Steilhang inmitten eines wunderbaren Tropenwaldes.
Der älteste Teebaum ist mit seinen geschätzten 300 Jahren der Stolz des Gartens und zur Erntezeit bunt geschmückt.
Die aus Samen gezogenen Teebäume waren ursprünglich, vor geschätzten 100 Jahre geköpft worden und sind in vollster Pracht zurück gewachsen.
Unsere beiden großartigen Teemeister, Menglin Chou und Jinsong Yu, beantworten unermüdlich und mit großer Geduld all unsere vielen Teefragen. Wir sind tief von ihrer außergewöhnlichen Kompetenz und Erfahrung beeindruckt.
Der prächte Gushu-Teewald wird von vielen andersartigen, großen Bäumen beschattet und lebt in harmonischer, umweltfreundlicher Biodiversität. Die uralten Wurzeln dieser Bäume wachsen tief in die rötliche Urwalderde rein und halten die Bäume ohne jegliche Chemikalien kräftig und gesund. Links im Bild kann man den Olli erkennen der ein kurzes Video mit dem Handy aufnimmt um Euch einen besseren Eindruck zu vermitteln.
Teeblüte, Samen und Knospe an einem Zweig.
Die Ernte ist im vollen Gange und auch der gutgelaunte Teepflücker freut sich über unseren Besuch.
Jinsong Yu führt unsere Gruppe, dank seiner befreundeten Kontakte, durch die Teewälder, Manufakturen und Verkostungen. Sein umfangreiches, spezialisiertes Wissen erscheint uns einzigartig und wir sind große Fans geworden.
Als nächstes haben wir einen besonderen Programmpunkt. Wir, als Gruppe, werden unter Anleitung unseren eigenen Tee kochen, rollen und zum Trocknen auslegen. Die Menge der geernteten Teeblätter soll später für jeden von uns einen Fladen von 200g ergeben.
Der Wok wird auf 250°C erhitzt. Dann werden ca. 6 – 7 kg frische Teeblätter in den heißen Wok geschüttet. Die Temperatur sinkt zunächst auf 150°C, soll aber während der Kochzeit, die 16 – 20 Minuten beträgt, bei ungefähr 200°C relativ konstant gehalten werden. Das ist keine leichte Aufgabe, denn der Ofen wird per Hand mit Holz befeuert. Yu hat einen Infrarot-Temperaturmesser dabei und kann sowohl die Erwärmung des Wok, als auch die Temperatur der Blätter messen, die im Idealfall zwischen 55°C und 65°C sein sollte.
Im Gegensatz zu allen anderen Teeproduktionen wird das Blattgut für Pu Erh Tees nie auf 100°C erhitzt, deshalb gibt es nach der Produktion einen fortlaufenden Reifeprozess. Alle Blätter sollen während des Kochens den Wok berühren und das Wenden der großen Blattmenge ist alles andere als leicht. Es wird schnell sehr anstrengend und heiß. Viele von uns halten kaum mehr als eine einzige Minute durch! Mein Respekt vor diesem Arbeitsschritt wächst. Es gibt zwar auch Maschinen, die den Trocknungs- und Kochprozess übernehmen, aber die guten Qualitäten werden alle noch in Handarbeit im Wok gekocht, bzw. trocken gegart. Yu schwört einzig und allein auf diese altbewährte Tradition der Pu Erh Herstellung.
Diese vier Öfen beheizen die großen Woks.
Durch die Öffnung werden die Holzscheite zur Befeuerung eingelegt.
Bald kann das Kochen der Teeblätter losgehen, das Feuer knistert.
Diese frisch gepflückten Teeblätter sind bereits leicht gewelkt. So soll es vor dem Kochen sein.
Die Menge von 6 - 7 kg leicht gewelkter, frischer Teeblätter kommen in den heißen Wok.
Das stetige, achtsame Wenden muss sofort losgehen, damit die Blätter nicht verbrennen. Man kann ein Knistern der Blätter wahrnehmen.
Hier kann man deutlich den aufsteigenden Dampf vom Blattsaft erkennen. Das Erhitzen, so genanntes Kochen der Blätter, findet ohne zusätzliches Wasser statt, d.h. es ist eine Art "Trockengaren".
Jingsong Yu überwacht permanent die korrekte Temperatur des Woks und der Blätter. Dieser sensible Arbeitsschritt ist maßgeblich entscheidend für die Qualität des Endprodukts.
Im folgenden kurzen Video kann man dem Knistern der Teeblätter lauschen:
Uns wurde das Kochen ausführlich erklärt, nun darf jeder selber ran - schließlich sollen wir unsere Fladen von A-Z selber machen. Alle drei Fachleute geben Hilfestellung, Anleitung und passen auf, daß wir die sensiblen Blätter nicht zerstören. Ich halte es nicht besonders lange aus, denn der Wok ist zu heiß geworden und die Fingerspitzen schmerzen durch die Handschuhe.
Hier kann man gut den Unterschied im Volumen der Blätter, vor uns nach dem Kochen, erkennen.
Nachdem die gekochten Blätter abgekühlt sind, müssen sie sorgfältig geknetet, bzw. gerollt werden. Auch das ist eine mühevolle Handarbeit die in jeder Region unterschiedlich gemacht wird.
In den beiden langen Behältern lagert das frische Pflückgut zum Welken. Hinten rechts wird der Tee im heißen Wok gekocht und links im Bild wird uns das Rollen erklärt und beigebracht.
Unsere westlichen Hände versuchen sich am Rollen der gekochten Teeblätter.
Der Fachmann überprüft das Ergebnis der fertig gerollten Teeblätter.
In diese großen Tabletts aus Bambus werden die Teeblätter schließlich zum Trocknen ausgebreitet.
Hier darf unser Tee kurz zwischenlagern und kommt gleich ...
... in die obere Etage der Manufaktur wo er in der Sonne schön durchtrocknen soll.
Das Sonnentrocknen unter freiem Himmel trägt auch zu einer besseren Teequalität bei. Yu erklärt uns, daß abgedeckte Trocknungsmethoden einen schlechteren Geschmack ergeben. Nur die Aneinanderreihung von sorgfältigster Handarbeit und besten Bedingungen ergibt einen grandiosen Tee. Das beste Gushublatt nützt nichts, wenn der Pflücker, der Koch oder das Trocknen nicht perfekt laufen.
Nach dem Kochen werden die Blätter auf einem Bambustablett ausgelegt, damit sie abkühlen. 20 Minuten später werden sie dann von Hand gerollt. Hier in Yiwu rollt man die Blätter nur sehr leicht und Yu erklärt uns, daß ein geschultes Auge am gerollten Blatt erkennen kann, aus welcher Region der Tee stammt. Auch die Rollzeit von 5 - 8 Minuten ist hier in Gao Shan relativ kurz. Nachdem wir „unsere“ drei Woks fertig gekocht, gerollt und zum Trocknen ausgelegt haben, geht es zur Belohnung zum Teatasting beim Teebauern.
Als erster Tee kommt ein Mao Cha von Gushubäumen aus eben diesem Garten Gao Shan in unsere Tassen. Die ersten beiden Aufgüsse sind sehr zart mit subtiler Süße und Frucht. Menglin bezeichnet ihn auch als feminin. Trotz der Leichtigkeit ist der Tee auch in den Folgeaufgüssen sehr nachhaltig. Als zweiter Tee folgt ein sehr intensiver Mao Cha 2017, der vor drei Tagen in Bo He Tang geerntet wurde. Viele intensive Fruchtnoten von Zitrus bis Pflaume schmelzen hier geschmackvoll zusammen. Auch die Tannine sind leicht präsent und der Tee wirkt etwas wild und dabei doch elegant. Yu asoziiert diesen außergewöhnlichen Tee mit einer fruchtigen Schönheit oder Königin. Im Vergleich zur leichten Süße des ersten Tees bleibt hier die fruchtige Note lange präsent.
Yu gießt für uns einen Gushu Mao Cha aus Gao Shan auf. Er schmeckt angenehm fruchtig und süß.
Der Duft der Teeblätter ist wichtig und wird immer wieder überprüft.
Über dem Verkostungstisch in Gao Shan haben sich ein paar niedliche Schwalben eingenistet. Die Eltern fliegen regelmäßig über unsere Köpfhe hinweg, um den Kleinen Futter zu bringen.
Unsere Teereisegruppe beim entspannten Teeverkosten.
Der zweite Tee wurde vor drei Tagen in Bo He Tan produziert und schmeckt deutlich intensiver. Er ist auch fruchtig, aber eher wild und kraftvoll. Ein außergewöhnlich nachhaltiger Tee voller Eleganz.
Yu freut sich über unsere Begeisterung und überprüft das Blattgut.
Die beiden Tees im Vergleich. Menglin und Jinsong erklären uns bei jeder Verkostung anhand vom Blattgut die jeweiligen Eigenschaften und eventuell vorhandene Schwächen oder gar Fehler der Produktionskette.
Ein einzelnes Teeblatt wird zur Untersuchung aufgerollt.
Mit diesem Geschmack auf der Zunge geht es weiter nach Yiwu, wo wir nach einem schönen Abendessen in unser Gästehaus einchecken. Nachdem wir im Hotelzimmer noch Emails und Tagebuch schreiben, gehen wir noch auf einen abendlichen Tee ins Dorf. Dort treffen wir noch ein paar Teefreunde am Ende der Straße und genießen diesen schönen Ausklang des Tages.
Eine farbenprächtige Augenweide am Straßenrand von Yiwu.
Im nächsten Teil 5 von 8 besuchen wir einen Teegarten in Mahei und eine Teefabrik in Yiwu.